Warum Luxusmarken in Beach Clubs investieren

Von Andreas Güntert, Handelszeitung vom 6. August 2023

Im Interview mit der Handelszeitung erklärt der Marketing Experte Felix Murbach sowie Christian Kurtzke, diese neue Art von Branding wie folgt: Wer diesen Sommer einen der Prestige-Strände der mediterranen Welt besucht, kann sich fast schon wie an der Bahnhofstrasse in Zürich oder der Fifth Avenue in New York fühlen. An besonders prominenten Strandlagen und dort, wo Hotelsterne besonders hell strahlen, nisten sich gehäuft Luxuslabels ein, die man sonst von den teuersten Stadtstrassen kennt.

Feelgood-Markenmanagement» in der Spasszone

Warum diese Ausweitung der Luxuszone? Weshalb dieser gehäufte Strand-Kontakt, wie ihn auch die Labels Paul & Shark im italienischen Sestri Levante, Fendi in Marbella und Jacquemus in Saint-Tropez suchen? Für Felix Murbach, Gründer und Chef der Schaffhauser Beratungsfirma Felix Murbach Marketing, hat es primär mit Kundennähe zu tun: «Die Brands begeben sich zur Ferienzeit in dreidimensionalen Auftritten und per Feelgood-Markenmanagement dorthin, wo auch ihre bestehenden sowie potenziellen Kunden sind.» Was sich dabei an Umsätzen mit ferientauglicher Resortwear erzielen lasse, nähmen die Luxuslabels zwar gerne mit, es sei aber nicht die Hauptsache, sagt der Marketingexperte für Strategie und Positionierung: «Der kurzfristige Abverkauf vor Ort dürfte dabei weniger entscheidend sein als die indirekte Markenberieselung, die bei den Gästen auch nach der Ferienzeit positive Assoziationen zur Marke auslösen.»

Ähnlich sieht es Christian Kurtzke, CEO der Londoner Together Group. Für den Chef der Agenturgruppe mit Fokus auf das Luxussegement, die weltweit 15 Standorte betreibt, spielt auch der Post-Corona-Faktor mit: «Spätestens seit dem Lockdown haben Luxusmarken gelernt, dass es nicht mehr ausreicht, in der Londoner Bond Street oder der Pariser Rue du Faubourg Saint-Honoré auf die reisende Kundschaft zu warten.» Vielmehr müssten Gucci und Co «auch dort Präsenz zeigen, wo sich vor allem vermögende Kunden im Sommer aufhalten». Dies mit klarem Fokus: «Zielgruppe sind hier nicht junge Accessible-luxury-Kunden, sondern vor allem High-Net-Worth Individuals.», so Christian Kurtzke.

 

Millionenschwere Pop-ups am Strand

High-Net-Worth Individuals – klingt fast schon wie Private Banking. Tatsächlich lassen sich die Luxuslabels beim hochsommerlichen Imperativ «Beach for the Rich» nicht lumpen, wenn es um die Bespassung ihrer Kundinnen und Kunden geht. Die Strandausflüge von Gucci und Co gehen ins dicke Tuch, wie es ein Insider dem Onlinemagazin «Luxury Tribune» an der Fallstudie Saint-Tropez aufzeigt: «Die Miete einer Strandliege kostet hier rund 250 Euro pro Tag; wer also 200 Plätze bucht, muss dafür täglich 50’000 Euro aufwenden.» Erfolgskritisch für das Gelingen des Image-Transfers von der urbanen Boutique an die Beach sei vor allem die persönliche Dienstleistung im Beach-Club:

«Besonders wichtig ist, dass sich das Personal entsprechend dem Corporate Branding einer Marke verhält. Wenn auf dem Beach-Club Gucci draufsteht, müssen sämtliche Angestellten vor Ort – sowohl interne als auch externe – „Gucci-like“ auftreten.» Felix Murbach

Gemessen an der Zeit, die eine Kundin beim Ladenbesuch von Fendi und Co verbringt, ist der Aufenthalt im Beach-Club natürlich länger. Wenn Luxusmarken auf die Dienste von externen Catering- und Entertainment-Dienstleister zurückgreifen, müssen sie hier besonders gut aufpassen. Luxus-Spezialist Kurtzke sieht beim Thema der «Beach-Takeovers», wie die Retail-Manöver von Valentino und Co genannt werden, ähnliche Merkmale wie Murbach: «Marken tun gut daran, solche Übernahmen gut vorzubereiten und die Kollaborationspartner sorgfältig auszuwählen, da der Anspruch an die Servicequalität vielfach deutlich höher ist als in klassischen Retail-Umgebungen.»

Wenn das alles zur Zufriedenheit funktioniert, könnten sich auch Feriendestinationen im Glanz der Luxusmarken sonnen, sagt Kurtzke: «Bei gelungenen Events können diese Übernahmen unbezahlbare Beiträge für das Tourismusmarketing und die damit verbundene positive wirtschaftliche Belebung von Orten und Regionen leisten, auch mit all den Postings in den Sozialmedien.» Trotzdem, sagt Kurtzke, «sind solche Aktionen auch dann nie frei von Kritik.»

 

Exklusivitätsanspruch der Luxusmarken

Für die Luxuslabels lauert beim temporären Strand-Auftritt ein Risiko, das sie an ihren städtischen Standorten so weniger kennen: Wut und Ärger von Feriengästen, die nicht Teil der Party sein dürfen und können. Oder die sich darüber ärgern, dass ihnen die Fashion-Moguln Zugänge zum Strand sperren oder ihre Lieblings-Beach okkupieren. Die Luxus-Devise «Nur Rares ist Wahres» birgt hier ein gewisses Konfliktpotenzial. Käme es an exklusiven Beach-Locations zu Anfeindungen, könnte sich herausstellen, dass der Ferien-Einsatz von Gucci und Co bloss auf Sand gebaut ist: «Es empfiehlt sich, dass die Brands das ganze Package im Auge behalten und darauf achten, dass sich Einheimische oder Touristen nicht ausgegrenzt fühlen», sagt Felix Murbach. Und fügt an: «Es sei denn, dass der Exklusivitätsanspruch der Luxusmarken genau auf ein solches Aussperren der Nicht-Kunden hinausläuft.»

 

E-Commerce-Anbieter setzen auf Strandaktivierung

Neben den Guccis und Diors dieser Welt zeigen sich zunehmend auch Unternehmen aus dem Mode-E-Commerce an der Beach. Zalando etwa ist diesen Sommer in Sizilien, Apulien und auf Sardinien unterwegs und setzt dabei auf eine markenaffine «Strandaktivierung»: Die Berliner Onlineplattform veranstaltet an ausgesuchten Stränden Tretboot-Rennen, postiert sich mit Aperitivo-Ecken oder baut Make-up-Stationen auf. Auch Farfetch sucht die sommerliche Offline-Präsenz. Dies in einer Partnerschaft mit einem Strandhotel im türkischen Bodrum, wo die Londoner Designmodeplattform einen Beach-Club bespielt. Im Kern wollen Zalando und Farfetch bei ihren Aktionen wohl den gleichen Effekt wie die Luxuslabels erzielen: dort sein, wo auch die Kunden sind. Im Fall der beiden Modeplattformen spielt zusätzlich eine Rolle, dass sie nach Wegen suchen, ihr Wesen und Wirken nicht nur virtuell, sondern auch offline verstärkt zu zeigen. Im Fall der Beach-Präsenz der Onlineanbieter könnte man dabei gewissermassen von Onshore-Marketing sprechen.

Hier geht’s zum Artikel in der Handelszeitung vom 6. August 2023. (Bildquelle: Handelszeitung)

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